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Doro Dehlinger: Hilfsbereit



Hilfsbereit (vorgegebener Anfangssatz)

Eigentlich wollte ich gar nicht aufmache, als es klingelte. Dann sah ich durch die Glasscheibe der Haustür, dass dort niemand stand, sondern jemand saß; auf einem Stuhl mit großen Rädern an jeder Seite. Daraufhin öffnete ich natürlich sofort. „Ja, bitte?“ fragte ich den jungen Mann im Rollstuhl freundlich. „Brauchen Sie Hilfe?“

„Ja, also, ich kam die Straße herunter und wollte…“, begann er etwas zögerlich. Sein Blick ging unwillkürlich nach rechts zur Straße vor unserem Haus.

„Soll ich Ihnen über die Straße helfen?“ fragte ich aufmunternd.

„Kein Problem. Der Bordstein hier ist wirklich hoch.“

Ich trat nach draußen und fasste die Griffe des Rollstuhls.

„Äh nein, Sie müssen nicht…ich wollte nur…“, murmelte der junge Mann.

„Aber ich bitte Sie, das ist doch selbstverständlich. Ich helfe gern.“, versicherte ich und zog an den Griffen, doch der Rollstuhl bewegte sich nicht. „Wir brauchen schließlich alle mal Hilfe.“

Ich zerrte, die Räder blockierten. „Sie müssten schon die Bremsen lösen.“ Er machte keine Anstalten dazu. Ich zerrte weiter – nichts. Der Rollstuhl bewegte sich keinen Millimeter.

Mittlerweile schwitzte ich und wurde langsam ungehalten. „Also, wenn Sie meine Hilfe möchten, dann müssen Sie schon mitmachen.“, fügte ich etwas schroffer hinzu.

Keine Reaktion. Verstand er mich nicht? Ob er auch geistig behindert war?

Vorsichtshalber erklärte ich betont laut und langsam: „Bitte Bremsen lösen. Dann schiebe ich Dich über die Straße.“

Er drehte sich halb zu mir: „Nein, Sie verstehen das nicht.“

Nun war ich verärgert. Auch, wenn er behindert war, das war das ja wohl eine Frechheit. Dafür war mir meine Zeit zu schade. Spitz entgegnete ich: „Ich verstehe sehr gut, dass das mit angezogenen Bremsen nicht funktionieren kann. Aber bitte – wenn Du meine Hilfe nicht willst, Auf Wiedersehen!“

Damit ging ich ins Haus und schloss die Tür. Das war doch wohl die Höhe – ich bin immer bereit, Behinderten zu helfen, Dankbarkeit erwarte ich ja gar nicht, obwohl das eigentlich angebracht wäre, aber so ein bockiges Verhalten…

Da klingelte es schon wieder. Wieder er! Nicht zu fassen. Wütend riss ich die Tür auf.

Dieser Typ im Rollstuhl grinste mich doch tatsächlich an. Behindert oder nicht – jetzt würde ich Klartext reden. Ich holte Luft, doch er kam mir zuvor: „Ich wollte Ihnen nur helfen. Ihnen gehört doch der blaue Ford? Der verliert Öl.“

 

Veröffentlicht am 15.12.2022

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